In der Klage zum
Rahmenvertrag (LD gegen die Schiedsstelle) vor dem Sozialgericht Berlin
ist die Frage nach einem Verfahrensfehler noch unbeantwortet, weil
„vielleicht nicht alle Stimmen gehört worden sind, die hätten angehört
werden müssen“ – so der Richter. In der Konsequenz hat das
Sozialgericht den vdls, ein weiterer
Berufsverband, der bislang keine Maßgeblichkeit erlangen konnte, dem
laufenden Verfahren beigeladen.
Ein solcher
Verfahrensfehler muss auch in Bezug auf das schwebende Schiedsverfahren
zur Telemedizin abgeklärt werden: Würde hier der gleiche Fehler
gemacht, wäre die Gültigkeit eines möglichen Schiedsspruches fraglich.
Anstatt nun den vdls
im laufenden Schiedsverfahren anzuhören, um keinen neuen
Verfahrensfehler zu riskieren, soll die Schiedsstelle in einer
Zusammenkunft am 15.07. beschließen, das Urteil in der Klage von LD
gegen die Schiedsstelle abzuwarten. So lautet der Vorschlag des
Vorsitzenden, Dr. Ulrich Orlowski.
Das würde eine Entscheidung voraussichtlich
erst zum Herbst bedeuten, und bis dahin wäre auch die Durchführung von
TML nicht möglich!
Wir gehen davon
aus, dass sich – wie zuvor im Schiedsverfahren zum Rahmenvertrag – die dbx-Verbände mit den Krankenkassen
zusammenschließen und diese Entscheidung mehrheitlich mit mindestens
sieben Stimmen treffen werden: Dier
Schiedsstelle besteht aus je vier Vertreter*innen
der Kassen und der maßgeblichen Berufsverbände sowie einem Vorsitzenden
und zwei Stellvertreter*innen. Aber wir
lassen uns auch gerne positiv überraschen: Warten wir den 15.07. ab.
Zum
besseren Verständnis noch einmal die Details zum 1. Termin am 08.06.22
Unerwartet: Am 06.06.2022 wurde unsere Klage
gegen einige Punkte im Schiedsspruch vor dem Sozialgericht in Berlin
verhandelt. Die Verhandlung war öffentlich. Der vorsitzende Richter
nahm für das Schiedsverfahren einen Verfahrensfehler an. Das kam für
alle Beteiligten äußerst überraschend.
Hintergrund: Als am 15.05.2019 die Kriterien zur
Maßgeblichkeit, die der GKV-Spitzenverband (!) festgelegt hatte, im
Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, hatten alle Verbände vier Wochen
Zeit, die Maßgeblichkeit zu beantragen. Die Anträge der dbx-Verbände und der von LOGO Deutschland wurden
angenommen, der eines fünften Berufsverbands (vdls) jedoch abgelehnt. Dieser gab sich jedoch mit
der Ablehnung nicht zufrieden und reichte Klage ein. Über diese Klage
ist noch nicht entschieden worden.
Verfahrensfehler: Der
vorsitzende Richter in der Klage LD gegen die Schiedsstelle vertrat die
Ansicht, dass der nun klagende fünfte Verband aus Prinzip in
irgendeiner Form im Schiedsverfahren zum Rahmenvertrag im März 2021
hätte angehört werden müssen, völlig unabhängig davon, ob dieser
Verband am Ende tatsächlich maßgeblich sein werde oder nicht. Da der
Vorsitzende der Schiedsstelle aber gar nicht wusste, dass ein fünfter
Verband die Maßgeblichkeit begehrte und gegen die Ablehnung Klage
eingereicht hatte, konnte er diesen Verband auch nicht in irgendeiner
Form beteiligen (anhören). Und dass eine solche „Anhörung“ – wenn auch
aus Unkenntnis – nicht stattgefunden hat, wertete der Richter als
Verfahrensfehler seitens der Schiedsstelle.
Folgen: Nun muss sich der GKV-Spitzenverband
zum Procedere der Maßgeblichkeit erklären und die Schiedsstelle
überlegen, wie sie auf den Verfahrensfehler reagieren wird. Erst danach
kann es zur Klärung der Inhalte der Klage von LOGO Deutschland kommen.
Beklagt
wurden folgende Punkte:
Protokollnotizen (Wirtschaftlichkeit der Preise, Vergütung von
Therapien in Einrichtungen nach § 11 (2) Heilmittelrichtlinie in Abhängigkeit
vom Ausgang anderer Vertragsverhandlungen); die fehlende Festlegung der
Regelleistungszeit (Zeit für Vor- und Nachbereitung und der
eigentlichen Therapie), wie im Gesetz vorgesehen; die Begrenzung der
Fachlichen Leitung von Praxisinhaber*innen,
die selbst Logopäd*in sind, auf zwei
Standorte; die Übernahme von Kosten für den Mehraufwand zu Therapien in
Einrichtungen nach § 11 (2) Heilmittelrichtline;
Streichung der Bearbeitungsgebühr zu Lasten der Praxisinhaber*innen;
Zuschlag für Solopraxisinhaber*innen. Die
Preise insgesamt konnten mangels Erfolgsaussichten leider nicht beklagt
werden.
Zweiter
Termin (27.06.2022)
Zuständigkeit.
Die Schiedsstelle hätte nach Ansicht des Gerichts vor dem
Schiedsverfahren prüfen müssen, ob es weitere Verbände gibt, die hätten
teilnehmen wollen. Das hat sie nicht getan, weil sie keine Ahnung
hatte, dass es einen weiteren Anwärter zur Teilnahme an den
Verhandlungen, nämlich den vdls, gab.
Verpflichtungen.
Dass die Schiedsstelle keine Kenntnis von der Existenz des (in der
Verhandlung durchgehend „fünfter Verband“ genannten) vdls hatte, weil diese nicht vom GKV-Spitzenverband
informiert worden war, ändert nichts an einer grundsätzlichen
Verpflichtung zur Prüfung. Seitens des GKV-SV wurde argumentiert, der vdls habe Kenntnis vom Schiedsverfahren gehabt und
eine Teilnahme beantragen können: Wer bundesweit agiere, müsse das
wissen. Am Ende wurde als Beleg die Veröffentlichung eines Artikels vom
24.12.2020 auf der Homepage des vdls
herangezogen. Aber auch diese Tatsache änderte nach Meinung des
Richters und der beiden Schöffen nichts an der Verpflichtung der
Schiedsstelle, zuvor prüfen und diesen ggf. anhören zu müssen. Und
genau dies ist nicht passiert.
Demokratie.
Hauptargument des Gerichts war in beiden Verhandlungen, dass auch im
Bundestag die Opposition zugegen sei und mitredet. Dieses Mitreden kann
Einfluss auf die Meinungsbildung haben und somit Einfluss Ergebnisse
nehmen.
Beiladung.
In der Konsequenz des Vorgenannten wurde der vdls
am Ende für das laufende Verfahren beigeladen. Das bedeutet, dass
dieser alle Informationen zum Verfahren erhält und zudem Stellung
beziehen kann, auch wenn sich alle Beteiligten sicher waren, dass die
Kriterien zur Maßgeblichkeit nicht erfüllt sind und die Klage des vdls gegen den GKV-Spitzenverband scheitern wird.
Vergleich?
Inhalte wurden nicht verhandelt, allerdings regte das Gericht einen
Vergleich zu den von uns beklagten Protokollnotizen* an, in Form einer
Gegendarstellung, wie sie im Presserecht zu finden ist. Diesen
Vorschlag werden wir prüfen. Die Bereitschaft zur Annahme dieses
Vergleichs wurde seitens der Schiedsstelle bekundet, und auch der GKV-SV
lehnte eine solche Möglichkeit nicht rundweg ab. Dagegen könnte
sprechen, dass auf der Homepage des GKV-SV der Rahmenvertrag ohne
die Anlage Protokollnotizen veröffentlicht ist, obwohl diese ein
Vertragsbestandteil sind. Sollte eine Veröffentlichung zukünftig nicht
gewährleistet sein, wäre eine Gegendarstellung wohl eher sinnlos.
* In den
Protokollnotizen haben die dbx-Verbände und
die Krankenkassen ausdrücklich die Wirtschaftlichkeit der Preise
festgestellt und eine Vergütung zu Therapien in Einrichtungen an den
Ausgang anderer Vertragsverhandlungen in der Physio-
und Ergotherapie geknüpft. Allerdings hatten diese gar nicht darüber
verhandelt.
Schriftliches
Verfahren? Das Gericht bot an, das weitere Verfahren schriftlich zu
führen. Am Sozialgericht ist dies allerdings nur möglich, wenn alle
Prozessbeteiligten zustimmen. Auch darüber werden wir intensiv beraten,
insbesondere, welche Vor- und Nachteile in einem solchen Vorgehen
liegen würden. Noch hat der Richter zu den weiteren Klagepunkten keine
eigene Meinung geäußert.
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